Die Frage nach der Kirche: Freundschaft - Stadt - Klang


Die Entstehung der Kirche war, wie Ivan Illich gezeigt hat, mit neuen Formen der Freundschaft verbunden. Bestimmte Identitäten und die ihnen korrespondierenden Ordnungsstrukturen sind außer Kraft gesetzt (Gal 3,28 und öfter); sie werden nicht völlig bedeutungslos, vermögen aber nicht mehr den letzten Referenzrahmen für die Strukturierung von Gesellschaften zu bieten. Mit ihrer trennenden verlieren sie aber auch schützende Funktion. Kirche darf sich nicht als neue Form der Identitätsgebung mit entsprechenden Inklusions- und Exklusionsmechanismen darstellen, sondern muss sich auch als die Ermöglichung einer neuen, anarchischen Form von Freundschaft zum Ausdruck bringen, die nicht an soziale, ethnische, politische, religiöse etc. Grenzen gebunden ist. 

Diese neue Form der Freundschaft hat Orte der Zusammenkunft hervorgebracht, die sich in den Städten dem jeweiligen Stadtbild einfügen und dessen spezifische stilistische Merkmale übernehmen. Über Jahrhunderte wurden Kirchen meist in die geschlossene Bauweise der Städte eingefügt und besetzten nicht die Mitte eines freien Platzes. Sie prägen das Stadtbild und werden gleichwohl durch es verändert. In der Unübersichtlichkeit der Städte, die nicht durch einen bestimmten Begriff, eine Idee oder einen Plan zu erfassen sind, nehmen Kirchen verschiedene Orte ein und haben damit Teil an der Dezentralität der Städte. Kirchen strukturieren ihre Umgebung und nehmen umgekehrt diese in ihre eigene Bedeutungswelt auf. 

Kirchen sind nicht zuletzt als Hörräume zu verstehen, in welchen das Wort Gottes gehört, interpretiert und ästhetisch verwandelt wird (im Gesang etc.). An den Kirchen wird somit eine Verbindung von Architektur und Klang deutlich. An die Seite der meist visuell orientierten Betrachtungsweise von Architektur und Städteplanung (Architektur als Repräsentation von …) tritt damit eine akustische Zugangsweise.